Konservierung: Fachgebiete
Papierkonservierung
Papier ist ein von Menschen gefertigtes, organisches Material, das sich aus Fasern unterschiedlicher Herkunft zusammensetzt. Pflanzenfasern, die üblicherweise zur Papierherstellung genutzt wurden, stammen vor allem von Baumwolle, Hanf, Leinen und - im Falle asiatischer Papiere - von Reis, Bambus und Maulbeerbaum. In der modernen Papierherstellung wird Zellstoff verwendet, wodurch das Papier minderwertiger wird.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass das Papier im zweiten oder ersten Jahrhundert v.Chr. in China erfunden wurde und entlang der Seidenstraße Richtung Westen Verbreitung fand. Khontan wurde ein Zentrum der Papierherstellung, und vom 8. Jahrhundert an wurde die Papierherstellung durch chinesische Papiermacher in Samarkand im arabischen Kalifat bekannt. Es dauerte jedoch noch einige Jahrhunderte, bis die Papierherstellung über die Araber nach Europa kam.
Ein großer Teil der Handschriften von der östlichen Seidenstraße ist auf Papier geschrieben, das sowohl aus Zentralchina kam als auch vor Ort hergestellt wurde. Traditionelles Papier aus Pflanzenfasern eignet sich besser zur Aufbewahrung und hat eine höhere Lebensdauer als modernes Papier. Daher sind viele Papierdokumente aus dieser Region in einem ausgezeichneten Zustand.
Analyse von Papier und Tinte
Papieranalyse ist ein spezieller Untersuchungsprozess, der Anhaltspunkte zum Alter und zur Beschaffenheit von Objekten aus Papier liefern soll.
Wissenschaftler und Forscher haben einige analytische Methoden zu ihrer Verfügung, von optischer Vergrößerung bis zu hochentwickelten technischen Verfahren. Diese Verfahren werden allein oder in Kombination genutzt, um die Eigenschaften des Papiers auf vielfältige Weise zu beschreiben. Die qualitative Analyse wird genutzt, um die Materialzusammensetzung des Papiers oder des Mediums zu bestimmen; durch die quantitative Analyse wird die Menge jeder Komponente bestimmt. Mit Hilfe der chemischen Analyse kann beispielsweise der Säuregehalt des Papiers bestimmt werden, genauso wie die physische Analyse genutzt wird, um Papierstärke und Farbe zu messen. Die Analyseergebnisse werden zusammengefügt und interpretiert, um so ein Bild von der Geschichte, der Herkunft und dem Alter eines Objektes zu erhalten.
IDP hat in Zusammenarbeit mit verschiedenen Forschern und Institutionen Anstrengungen unternommen, um das Studium und das kulturelle Verständnis des an der Seidenstraße gefundenen Materials zu fördern. Insbesondere die Faseranalyse von Papier- und Textilobjekten hat Historiker, Wissenschaftler und Forscher aus verschiedenen Ländern immer wieder beschäftigt(siehe Konservierungsprojekte). Berichte und Ergebnisse der Projekte wurden von IDP in den Newslettern, in speziellen Publikationen und jetzt auf dieser Webseite veröffentlicht. IDP erstellt gegenwärtig eine Datenbank mit Bildern zu Papierfasern alter Papiere aus Asien.
Papierzersetzung
Verschiedene Faktoren tragen zum Zerfall von Papier und Papierobjekten bei. Die Zeit ist der schlimmste Feind jeden organischen Materials; manchmal kann man ihren zerstörerischen Einfluss durch Konservierung und Restaurierung verlangsamen, aber niemals aufhalten. Umweltfaktoren können bei der Papierzersetzung wie Katalysatoren wirken; dazu gehören Verschmutzung, hohe Temperaturen, schwankende Luftfeuchtigkeit, Licht und Schädlingsbefall oder Besiedelung durch Mikroorganismen sowie jedwede extreme Bedingung. Papierzerfall kann aber auch einfach von fehlerhaftem Gebrauch durch den Nutzer herrühren oder von früheren Konservierungsbehandlungen, die sich nicht bewährt und den Test der Zeit nicht bestanden haben.
Papierkonservierung ist die Gesamtheit der Maßnahmen, die professionelle Konservatoren ergreifen, um den Papierzerfall aufzuhalten und weitere Schäden zu verhindern. Während die ausführende Konservierung die Reparatur des Papiers einschließt, ist die präventive Konservierung damit befasst, die Umweltbedingungen, unter denen das Objekt aufbewahrt wird, und die Art und Weise, wie es ausgestellt und behandelt wird, zu stabilisieren.
Einige der häufigsten Probleme in Sammlungen mit Papierobjekten könen wie folgt zusammengefasst werden:
- Farbveränderungen
- mechanische Schäden, darunter Strukturdefekte, Risse, Abnutzung, Knitter und Falten
- tiefsitzende und Oberflächlichenverschmutzung
- Stockflecken
- biologische Schäden
- Verfärbungen
- Ausbleichen
- Fehlstellen
- Brüchigkeit
Die von IDP untersuchten Papierhandschriften weisen die meisten dieser Probleme auf, obwohl Stockflecken und Schädlingsbefall aufgrund des trockenen Wüstenklimas selten sind.
Behandlungsmethoden
Bei dem Versuch, den Zerfall kultureller Objekte aufzuhalten, steht den Konservatoren und Restauratoren eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung. Bevor die Entscheidung für eine bestimmte Behandlungsmethode fällt, müssen viele Faktoren berücksichtigt werden. Dazu gehört der Zustand, in dem das Objekt sich befindet, der Zweck und der zukünftige Nutzen, der historische Hintergrund und - im Falle kulturell sensibler Objekte - eine Vielzahl ethischer Abwägungen.
Die gewählten Behandlungsmethoden, bei denen hochqualitative Materialien und Techniken zum Einsatz kommen, werden in regelmäßigen Abständen überprüft, um die jeweils neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet zu berücksichtigen. Die Konservatoren entwickeln und verbessern ihre Fachkenntnisse in Schulungsprogrammen, Praktika, Seminaren, Konferenzen usw.
Handschriften auf Papier
Ein großer Teil der Papierhandschriften aus Zentralasien ist zu irgendeinem Zeitpunkt einer Konservierungs- und/oder Restaurierungsbehandlung unterzogen worden. Leider haben einige der frühen Behandlungsmethoden, insbesondere vor 1970, die Objekte eher beschädigt und ihren Zerfall beschleunigt. Wo das Papier verstärkt worden war, beschädigten die verwendeten Klebemittel oft die Papierfasern und verursachten Verfärbungen, Verformungen, Einrisse und auch Informationsverluste. Einige Objekte waren sowohl recto als auch verso mit Seidengaze verstärkt worden. Diese Art der Behandlung hatte den nachteiligen Effekt, dass die Flexibilität des Papiers geringer wurde. Zusätzlich war die alternde Seide brüchig geworden und hatte sich mit dem Papierfasern verbunden. Die dabei verwendeten Klebemittel hatten oft einen papierschädigenden Effekt. Der zeitgemäße Umgang mit Handschriften aus Zentralasien beinhaltet keine Zugabe von Verstärkungen oder Oberflächenverstärkungen.
Zur heutigen Konservierungsbehandlung gehören:
- Oberflächensäuberung
- Befeuchtung
- wenn notwendig, Beschichtungen entfernen
- wenn notwendig, Seide entfernen
- Auffüllen von Fehlstellen
- Reparatur von Rissen
- Glätten
- Reparatur der Ecken
- Entfernen von Kleberückständen
- Befestigung der Enden mit getöntem Papier
- Säurefreie Halterungen für die Rollen hinzufügen
- Säurefreie Kästen zur Aufbewahrung
- Einige Papierhandschriften haben nur als kleine Fragmente überlebt. Diese Art Material erfordert im Allgemeinen nur ein Minimum an Behandlung. Sie wieder in eine angemessene Verpackung zu bringen ist ebenso entscheidend wie jede andere Konservierungsbehandlung.
Zu den Materialien, die für die Konservierung und zur Aufbewahrung von Papier verwendet werden, gehören:
- japanische und chinesische Bürsten
- Weizenstärkepaste
- handgefertigtes Japanpapier (unterschiedliche Typen und Stärken)
- säurefreies Bespannpapier
- Paulownia-Holzkisten
- säurefreie Walzen
Fallstudien:
Die Konservierung und Digitalisierung von Or.8210/S.766
Videos über die Papierkonservierung bei vier Handschriften aus Dunhuang
Buchbindekunst
Bei der Konservierungsbehandung muss der Konservator die originale Form des Objektes verstehen und berücksichtigen. Bücher von der östlichen Seidenstraße gibt es in vielen Formen, von Rollen und Pothi-Büchern bis zu frühen Beispielen für Kodex-Bücher. Für Beispiele dazu gehen Sie bitte auf die Seiten über Buchbindekunst.
Textilkonservierung
Textilie' ist ein Begriff, der auf alle gewebten Objekte und Stoffe angewendet wird, worunter das Verflechten von Garn durch Techniken wie Stricken, Flechten, Ketteln, Klöppeln und Knüpfen verstanden wird. Zu den Textilien gehören auch Filz und nicht-gewebte Materialien, bei denen die Fasern durch verschiedene mechanische Prozesse einen Stoff bilden. Die bei der Textilherstellung genutzten Fasern können natürlichen oder künstlichen Ursprungs sein. Zu den Naturfasern hehören Baumwolle, Wolle, Seide, Flachs und Jute. Im 19. Jahrhundert wurden zunehmend künstliche Fasern für die Textilherstellung verwendet, von Polymeren wie Regeneratcellulose, Polycaprolactam, und Polyethylen Terephthalat, die unter Namen wie Reyon, Nylon etc. bekannte Haushaltsmaterialien sind.
Genau wie Papier sind auch Textilien sehr gefährdet durch feuchte Umgebung. Die trockenen Wüstenbedingungen im östlichen Zentralasien jedoch wirkten sich günstig aus, und man fand in Dunhuang und an anderen archäologischen Stätten viele Textilien, von denen einige in einem ausgezeichneten Zustand waren. Sie sind ein reicher Fundus für Textilhistoriker, da sie sowohl einfach als auch komplex in der Herstellung und Gestaltung sind. Es ist von großer Bedeutung, dass sie so konserviert werden, dass die Wissenschaftler Informationen zum Material, zum Gewebe und zu den Farbstoffen erhalten können.
Für einen Überblick zur Konservierung der Textilien aus Dunhuang und anderen Orten sieheDas Stein-Mellon-Textilprojekt im V&A und für Details zu ihrer Aufbewahrung siehe Aufbewahrung der Stein-Leihsammlung.
Objektkonservierung
Objektkonservatoren sind für die Pflege und Unterhaltung der 3D-Objekte in ihren Sammlungen zuständig. Objektkonservatoren beschäftigen sich mit Objekten aus organischen und anorganischen Materialien wie Stein, Metall, Glas und Keramik, aber auch Pflanzen, Materialien von Tieren und sythetische Materialien.
Unter den im östlichen Zentralasien ausgegrabenen Objekten sind viele aus Stuck, Ton, Holz, Pflanzenfasern und Metall (darunter Kästen für Münzen).
Zur Arbeit in diesem Bereich der Konservierung gehören die Untersuchung und Behandlung sehr verschiedenartiger Objekte. Einige Stücke mögen noch einen funktionellen Zweck haben, wie es bei Hausrat der Fall ist. Daher erfordert diese Art Konservierung eine flexible Annäherung an das Problem. Bei anderen Objekten steht vor der Behandlung eine Untersuchung, das Fotografieren und die Dokumentation, um ein eine umfassende Aufzeichnung über die Bedingungen zu haben, unter denen das Objekt sich befindet.
Das Säubern ist die am häufigsten ausgeführte Behandlung an einem Objekt. Oberflächenschmutz kann mit einer weichen Bürste oder speziellen Vakuumreinigern auf einer niedrigen Saugstufe entfernt werden. Tiefer sitzender Schmutz auf der Oberfläche eines Objektes kann entweder mit einem Baumwolltupfer und Lösungsmitteln entfernt werden oder aber durch eine Prozedur, bei der ein aus verschiedenen Chemikalien zusammengesetzter Umschlag um das Objekt gelegt wird. Bei der großen Bandbreite von Materialien bei der Objektkonservierung schließt Standardverfahren aus. Einige Behandlungen werden öfter als andere durchgeführt, zum Beispiel die Verfestigung beschädigter Farbschichten oder die Reparatur zerbrochener oder gesprungener Objekte.
Konservierung von Wandmalereien
An vielen Stätten im östlichen Zentralasien gibt es Wandmalereien, besonders in buddhistischen Höhlenanlagen wie Duhuang, Kizil, Bäzäklik usw. Viele Wandmalereien bleiben in situ, während andere in Institutionen in aller Welt verbracht wurden. Für weitere Details der Konservierung von Wandmalereien aus Dunhuang siehe die Webseite des Getty Conservation Institute. Für ein Beispiel einer Malerei aus Bäzäklik, die in der Eremitage in St. Petersburg aufbewahrt wird, siehe die Webseite der Eremitage.
Digitale Bewahrung
Die Aufbewahrung digitaler Daten ist ein Kernanliegen von IDP. Für mehr Informationen dazu siehe die Digital Preservation pages der British Library.
Konservierung und Digitalisierung
IDP wurde ins Leben gerufen, um die scheinbar unvereinbaren Ziele wie einen größeren Zugang zu den Zentralasiensammlungen einerseits und die Sicherung ihrer Langzeitbewahrung andererseits in Einklang zu bringen. Der Umgang mit den Originalen ist eine der größten Gefahren für ihre Erhaltung, und so waren diese beiden Ziele ein Dilemma für die aufbewahrenden Institutionen. Auf die Herstellung von Surrogaten - Mikrofilme für die Handschriften und Fotografien für die Objekte - folgten Kataloge mit Bildern, was nur eine Teillösung des Problems darstellte. Mikrofilme gibt es in den Institutionen ohnehin, sie erlauben nur begrenzt Zugang und sind normalerweise schwarz/weiß. Faksimileausgaben, besonders von großen Sammlungen, sind teuer, unpraktisch und erlauben ebenfalls nur begrenzten Zugang. Die Einführung des Breitbandinternets und die Technologie, qualitativ hochwertige digitale Bilder herstellen zu können, veränderten diese Situation. IDP griff diese Technik sofort auf.
Digitalisierung ist daher sowohl ein Mittel zu größerem Zugang als auch eine Hilfe bei der Konservierung, weil der Umgang mit den Originalen eingeschränkt werden kann. Abwägen allerdings muss man dagegen den möglicherweise schädigende Effekt durch den Umgang mit dem Objekt und durch das Licht, das für die Digitalfotografie erforderlich ist. IDP nimmt diese Angelegenheit sehr ernst. Es wird daher für jedes Stück erst eine Konservierungsfestlegung getroffen, bevor es digitalisiert wird. Der Umgang mit dem Original und der Lichteinfall während der Digitalisierung müssen auf ein Minimum reduziert werden. Es werden nur Kaltlichtquellen benutzt. Die Objekte werden auf speziellen Unterlagen fotografiert, um eventuellen Druck, der schädlich für sie sein könnte, zu vermeiden. Diese Methoden werden für neue Arten von Objekten ständig überprüft und wenn nötig angepasst. Die IDP-Fotografen wurden alle im Umgang mit den Objekten geschult und arbeiten eng mit Konservatoren und Kuratoren zusammen.
Diese maßgeschneiderte Digitalisierung ist grundlegend bei der Digitalisierung von Kulturgut. Zwar macht es auf kurze Sicht die Digitalisierung konstenintensiver, aber auf der anderen Seite kann man argumentieren, dass langfristig Kosten für Konservierungsbehandlungen vermieden werden können und qualitativ hochwertige Bilder entstehen, die die Notwendigkeit für eine aufwendige Redigitalisierung reduzieren.